Warum üben ? – Neuroplastizität

Neuroplastizität unseres Gehirns

  • Man entwickelt keine Achtsamkeit indem man darüber redet.
  • Eine Mitgliedschaft im Fitness-Studio verbessert nicht die Fitness – man muss auch hingehen und trainieren.
  • Reiz-Reaktions-Automatismen lassen sich nur durch Üben verändern.
  • Breit ausgefahrene neuronale Verbindungen („Nerven-Autobahnen“) sollten nicht weiter gefüttert werden.
  • Durch Achtsamkeitstraining können sich neue neuronale Verbindungen etablieren.
  • Nur durch regelmäßig praktiziertes Üben werden diese aufgrund der Neuroplastizität unseres Gehirns weiter verstärkt.

Lange Zeit hielt man das Gehirn eines erwachsenen Menschen für unveränderlich – vergleichbar mit der Hardware eines Computers. Inzwischen aber haben Neurowissenschaftler in Zusammenarbeit mit tibetischen Meditationsmeistern erkannt, dass Emotionen und Bewusstseinszustände die neuronalen Verknüpfungen unseres Gehirns beeinflussen.
(Neue Gedanken – Neues Gehirn (Sharon-Begley) Arkana)

Der Strom unserer Gedanken formt unser Gehirn und vermag uns so, neue Möglichkeiten, Handlungsräume und Gefühlswelten zu eröffnen – oder auch zu verschließen. Demgemäß lautet die grundlegende Botschaft aktueller neurobiologischer Forschung: „Indem du dein Gehirn verändern kannst, kannst du dein Leben ändern.“ (Das Gehirn eines Buddha (Rick Hanson) Arbor)

Eine viel beachtete MBSR-Studie „Achtsamkeitsmeditation führt in nur acht Wochen zu Veränderungen in der Hirnstruktur“ wurde von Hölzel et al. (2011) durchgeführt (Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21071182 ; kurze Zusammenfassung in Deutsch unter http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2011/8118/pdf/SdF_2011_01_31_35.pdf, Seite 32):
Bei dieser Studie wurde mittels MRT das Gehirn von 16 Teilnehmern eines achtwöchigen MBSR-Kurses vor und nach dem Kurs untersucht und die gleichen Untersuchungen bei einer Kontrollgruppe mit 17 Personen durchgeführt, die bisher noch nicht an einem Kurs teilgenommen hatten. Die MBSR-Teilnehmer hatten eine durchschnittliche Übungszeit von nur 23 Stunden und es konnte bei ihnen nach dem Kurs eine Erhöhung der Dichte der sogenannten grauen Substanz nachgewiesen werden. Die graue Substanz besteht hauptsächlich aus Nervenzellkörpern. Diese Dichteerhöhungen in der grauen Substanz zeigten sich im linken Hippocampus und anderen Gehirnregionen. Diese Studie zeigt, dass bereits eine kurze „Trainingszeit“ von etwa 25 Stunden zu nachweisbaren Veränderungen in den Gehirnteilen führt, die für Lern- und Gedächtnisprozesse, Selbstwahrnehmung, Gefühlssteuerung bzw. Stressreaktionen zuständig sind. Diese relativ schnellen „Erfolge“ bei einem Meditationstraining sind für manche Meditationsanfänger eine wichtige Motivationshilfe, ein geeignetes Meditationsprogramm zu beginnen.


Literatur

Hölz et al.: Mindfulness practice leads to increases in regional brain gray matter density (2011) Psychiatry Research: Neuroimaging, Volume 191, Issue 1, 30 January 2011, Pages 36-43.

Gabriele Rossbach: Glücksorgan Gehirn – Selbstoptimierung beginnt im Kopf (2018) Springer Verlag, Berlin.

Rick Hanson, Richard Mendius: Das Gehirn eines Buddha – Die angewandte Neurowissenschaft von Glück, Liebe und Weisheit (2010) Arbor Verlag, Freiburg.

Sharon Begley: Neue Gedanken, Neues Gehirn – Die Wissenschaft der Neuroplastizität beweist, wie unser Bewusstsein das Gehrin verändert (2007) Arkana Verlag, München.

Gerald Hüther: Was wir sind und was wir sein könnten – Ein neurobiologischer Mutmacher (2011) Fischer Verlag, Frankfurt am Main.

Richard Davidson: Im Gespräch mit dem Neurowissenschaftler und Meditationsforscher Richard Davidson (2018) moment by moment – Das Magazin für Achtsamkeit, Ausgabe 03, Freiburg.

Dr. Peter Wolfrum